Ein Kommentar von Florian Seiffert.
Der Papst hat entschieden, alle Bischöfe, die bei der Behandlung und Aufklärung von sexuellem Missbrauch Fehler gemacht haben, bleiben im Amt. Es hat wohl gereicht, dass sie nicht in böser Absicht handelten. So bleibt auch Kardinal Woelki im Amt. Wie das auf die Betroffenen wirkt, ist für mich Spekulation.
Ich kann aber sagen, dass mein Vertrauen in die Kirchenleitung in Köln und in Kardinal Woelki schwer getrübt ist. Jetzt nimmt sich Kardinal Woelki eine Auszeit (oder sie wurde verordnet – auch Spekulation) und hat schon angekündigt, danach wieder die Leitung des Erzbistums zu übernehmen. Das hört sich nicht nach einer ergebnisoffenen Auszeit an. Kann Auszeit, Gebet und Nachdenken nicht auch dazu führen, dass er nicht mehr Erzbischof von Köln sein möchte? Offenbar nicht.
Die Auszeit soll wohl auch dazu führen, verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen. Ich frage mich, wie soll das gehen? Durch Abwarten? Wir Gläubige vergessen dann, was war? Einfach so? Aschermittwoch 2022 ist alles vorbei und das Vertrauen, wieder da? Ich denke, ich bin keine Blumenwiese, wo es sozusagen „von alleine“ wieder wächst.
Nein, Vertrauen kann man nicht verlangen, es wächst nicht einfach von alleine, es ist was anderes, als Vergessen. Vertrauen muss man sich verdienen. Das fängt für mich mit Demut an! Und mit Respekt und mit Empathie.
Ich fand Kardinal Woelki bisher einfach nicht emphatisch, nicht einfühlsam oder mitfühlend. Sein Wort „Peanuts“ auf die bei unserer letzten Visitation genannte Zahl von Taufen nach der Kindergartenzeit von bis dahin nicht katholischen Kindern, ist mir da noch gut (in schlechter) Erinnerung.
Seit gestern denke ich darüber nach, was Kardinal Woelki und wir konkret machen können. Ein ungewöhnlicher Schritt, der mir aber möglich scheint und die Probleme des Erzbistums lösen helfen könnte, ist es zu wählen. Kardinal Woelki könnte sozusagen die Vertrauensfrage stellen und uns Menschen im Erzbistum fragen: Soll ich weiter euer Bischof sein? Möchtet ihr das? Oder soll ich meinen Platz für einen Nachfolger räumen. Alle Debatten, ob Kardinal Woelki im Amt bleiben kann/darf/muss etc. wäre sofort zu Ende. Ein Wahlergebnis würde ohne Zweifel akzeptiert werden. Es wäre ein mutiger Schritt, es setzte Zeichen und es würde meinen Respekt vor Kardinal Woelki deutlich erhöhen.
Im November sind Wahlen zum Pfarrgemeinderat und zum Kirchenvorstand. Alle, die den PGR wählen dürfen (Wahlalter ab 16 – beim Kirchenvorstand ab 18) wählen auch: Soll Kardinal Woelki im Amt bleiben oder auf sein Amt verzichten!
Dann wäre die Sache in Köln mutig und beherzt entschieden, es wäre ein Zeichen für die Kirche in der Welt gesetzt und es herrschte wieder mehr Frieden in der Zusammenarbeit zwischen Erzbistum und den Gemeinden. Und wir könnten uns der Frage zuwenden, wie sollen Gemeinden in der Zukunft aussehen? Vielleicht dann mit einer echten Beteiligung der Gemeinden, nicht nur einer Anhörung und ein paar sehr optimistischen Videos?
Und für die, die glauben, eine hierarchische Kirche kann doch nicht wählen: Beim Apostelkonzil wurden sieben Diakone gewählt, nicht ernannt. Geht also. Oder?
Lieber Kardinal Woelki: Lassen Sie uns wählen, legen Sie Ihr Leben in Gottes Hand – wie jeden Tag sonst auch!