Tage der Begegnung in Barcelona
XXVI. Weltjugendtag Madrid 2011
Eine Reise nach Barcelona & Madrid
Leider waren im Vorfeld zum Weltjugendtag in Spanien nur wenige Jugendliche und junge Erwachsene aus unserer Gemeinde zur Teilnahme zu bewegen. So sollten es nur drei Pilger aus unserer großen Gemeinde werden, die die lange Reise nach Spanien antraten.
Trotzdem ließen wir uns die gute Stimmung nicht vermiesen und verkauften fleißig Kuchen nach den Messen, lernten Spanisch und ließen viele Kontakte zu Bekannten vom letzten Weltjugendtag wieder aufleben. So traten Anna und Julia Morawietz und Christian Böhm zusammen mit Sarah Meisenberg, die beruflich vom Erzbistum den WJT verfolgte, die Reise an.
So ging es in einer 24stündigen Busfahrt von Köln nach Barcelona, wo die Tage der Begegnung zur Vorbereitung auf den Weltjugendtag stattfanden. Einquartiert in einem Pfarrheim hatten wir vier Tage Zeit die Stadt zu entdecken. Da es in Pfarrheimen bekanntlich nur wenige Duschen gibt, entschlossen wir uns dazu, jeden morgen gegen sechs Uhr, vor allen anderen aufzustehen, schnell duschen zu gehen und mit der Bahn zur zentralen Essensausgabe für die 1600 Kölner Jugendlichen zu fahren. Von dort aus ging es jeden Tag in eine andere Ecke der Stadt, um dann zu Fuß die Gegend zu erkunden. Eine andere Gruppe besaß einen Schrittzähler und kam auf 18 km an einem Tag. Unsere Strecken waren kaum kürzer, wir haben nur nicht nachgemessen. Viel gab es zu entdecken und viel haben wir gesehen. Während andere den Strand suchten, sahen wir die vielen Häuser von Antoni Gaudi, machten eine Hafenrundfahrt, bestiegen die Columbus-Säule, sahen Barcelonas Sehenswürdigkeiten bei einer tollen Busfahrt in der Nacht und flanierten in den Ramblas. Wir wohnten der großen Messe im Olympiagelände und der Messe für die Kölner in der Sagrada Familia bei, aßen weit abseits der Touristenströme mit Einheimischen in einer kleinen Kneipe, besuchten mit den 1600 Kölnern die Vigil in der Santa Maria del Mar, genossen riesige Mengen Tapas am Hafen und wanderten zum Parc Güell mit dem Wohnhaus von Antoni Gaudi (er wurde übrigens von einer Straßenbahn überfahren) und seinen vielen Skulpturen. Es waren vier schöne Tage mit wenig Schlaf, kalten Duschen, vielen Begegnungen mit Einheimischen und Menschen aus aller Welt und viel Vorfreude auf den Weltjugendtag in Madrid. Außerdem lernten wir Regina Graß aus Heimersdorf kennen, die als Einzelreisende unterwegs war und fortan nicht mehr von unserer Seite wich.
Die Bustour nach Madrid verschlang fast einen Tag. Die Autobahn schien überfüllt mit Bussen Richtung Madrid, die Toiletten an den Raststätten waren es. Während der Fahrt kam dann über die Lautsprecher im Bus die schlechte Nachricht, dass wir entgegen aller früheren Zusagen nicht in Gastfamilien, sondern in Turnhallen untergebracht werden sollten. Dies war der Anfang von einer von Unvermögen und Dilettantismus geprägten spanischen Organisation. Wir hatten es dann noch gut. 750 Leute in einer Turnhalle scheint zwar recht viel, da wir aber auch den angrenzenden Sportplatz nutzen konnten, entzerrte sich alles etwas. Viele schliefen wegen der Temperaturen freiwillig, wie wir auch schon in Barcelona auf der Dachterrasse des Pfarrheims, unter freiem Himmel.
Trotzdem war auch hier Ausschlafen nicht möglich. Wieder ging der Wecker jeden Morgen gegen sechs Uhr vor allen anderen los. So konnten wir aber die Duschen und vor allem die Toiletten morgens allein nutzen und so entspannt in den Tag starten. Nach der Frühstücksausgabe (was definitiv zu sparsam gestaltet war) ging es zu den Katechesen mit den deutschen Bischöfen. Am ersten Tag ging es zum Puerta del Sol, einem zentralen Platz in der Innenstadt und weiter zum Eröffnungsgottesdienst. Auf dem Platz war noch ein „großes Hallo“ unter den Jugendlichen aus aller Welt (wir brauchten fast eine Stunde um von dem Platz runter zu kommen, da wir immer wieder angesprochen wurden. Dann mussten Gruppenfotos geschossen, Anstecker und Pins getauscht und auf den Pilgerrucksäcken unterschrieben werden). Die Stimmung war riesig, wie wir sie aus Köln und Sydney her kannten.
Weiter ging es dann zum Cibeles-Platz, wo die Unzulänglichkeit der spanischen Organisatoren sichtbar wurde. Für über 900.000 Leute beim Eröffnungsgottesdienst gab es nur eine (versteckte) Trinkwasserstelle, fünf Toilettencontainer, keine Medizinische Versorgung und Volontaire, die selber nicht wussten wo sie sich in der Stadt befanden. Auf dem Rückweg gab es dann keine Führung der Menschenmassen und auch für Autos war nichts abgesperrt, sodass sie sich durch die Menge kämpften. Highlight des Tages war aber definitiv unser Essen. Die Essensgutscheine lösten wir in einem 5-Sterne-Restaurant ein, welches sich an den Essensausgaben beteiligte. Für zwei Bons bekamen wir Entenkeule auf Erdbeermuss und einer Nusscreme zum Nachtisch. Am Abend kauften wir uns ein großes Schinkenbaguette im „Museo de Jamon“ (Schinkenmuseum). Das Schinkenmuseum wurde in den nächsten Tagen noch öfters von uns besucht.
Am zweiten Tag verzichteten wir dann auf die Papstankunft. Wie vielen anderen Kölner Pilger war uns die ganze Situation zu unsicher. Wir kümmerten uns stattdessen um die Kranken in unserer Unterkunft und verpflegten Sie und ihre Begleiter mit Essen vom nahen McDonald.
Von den Maltesern mit ihrem Notarzt, die unsere Kölner Gruppe begleiteten, hörten wir, dass sich die Situation bei der Papstankunft in der Stadt verbessert hätte. So zog es auch uns wieder in den großen Trubel. In der Stadt selber war es wieder sehr schön mit vielen Begegnungen. Die Fahrt mit der U-Bahn zum Parque del Retiro, wo den ganzen Tag über Jugendfestivals stattfanden, nahm dann aber ein jähes Ende in einem Fußgängertunnel. Nachdem wir aus der Bahn ausgestiegen waren, steckten wir für über eine halbe Stunde im Fußgängertunnel fest. Es ging gar nichts mehr, weder vor noch zurück, da die Bahnen fleißig neue Leute anlieferte. Es dauert lange bis wir uns zum gegenüberliegenden Bahnsteig vorgekämpft hatten und eine Bahn in die andere Richtung ergatterten. Mit dieser Bahn fuhren wir einfach bis zur Endstation in einen Park weit außerhalb der Stadt. Dort an einem See ließen wir den Tag einfach ausklingen.
Am letzten Tag vor der Papstmessen zog es uns trotzdem wieder in die Stadt. Allerdings in die weniger vollen Viertel. Nach einem deftigen Frühstück im „Museo de Jamon“, verlebten wir wieder einen schönen Tag mit einer langen Siesta in einem Park mit einem ägyptischen Tempel und wunderbaren Blick über die Stadt.
Aufgrund der Erlebnisse der letzten Tage entschieden wir uns, genug Verpflegung und Getränke mit auf das „spanische Marienfeld“ Quatro Vientos zu nehmen. Wegen der hohen Temperaturen von über 40 Grad im Schatten entschieden wir uns außerdem dazu, den Nachmittag im Schwimmbad zu verbringen und erst am späten Nachmittag „zum Papst zu gehen“.
So zogen wir Vier schwer bepackt mit einem zusätzlichen Lebensmittelrucksack und je einem 5l-Wasserkanister in der Hand los. Auf dem Weg trafen wir noch andere Kölner, so dass schnell eine große Gruppe zum Flugfeld zog. Die Stimmung war gut und die Vorfreude groß. Ab der Metrostation wuchs aber das Unbehagen. Die Ausschilderung war mies, wir wurden quer durch Wohngebiete geschickt in denen noch Autos fuhren (und das bei über 1,5 Mio. Menschen die den Papst sehen wollten), es gab weder Trinkwasser, noch sonstige Versorgung. Volontaire waren weit und breit nicht zu sehen.
Als wir dann endlich unseren Eingang gefunden hatten, war dieser geschlossen. Die Infos der Mitarbeiter waren nicht zu gebrauchen. Alles wurde behauptet, nur die Wahrheit nicht gesagt. Nach über drei Stunden Warten entschieden wir uns zum Rückzug. Gespräche mit vielen Menschen, die teilweise schon auf dem Feld waren und von chaotischen Zuständen sprachen, bestärkten uns in der Entscheidung wieder zurück zu fahren. So entgingen wir auch dem abendlichen Gewitter.
Da unsere Unterkunft offiziell erst am Sonntagnachmittag wieder öffnete, suchten wir Sarah Meisenberg in ihrem Hotel auf. Dort konnten wir duschen und ein wenig entspannen. Bei einem Bier im nahe gelegen Bistro bekamen wir nach langen Telefonaten die Adresse der Notunterkunft für unsere Kranken heraus. Dort wurden auch wir herzlich aufgenommen.
So endete ein für uns sehr enttäuschender Weltjugendtag. Aufgrund der Organisation sind uns und vielen anderen Pilgern viele Programmpunkte in Madrid entgangen.
Ein Lob gilt eindeutig der Kölner Wallfahrtsleitung, die sich hervorragend um uns gekümmert hat. So wurden für die Abschlussmesse extra Sonnenschirme gekauft, die sich drei Leute teilen sollten. Außerdem wurden in Madrid jeden Tag bei der Katechese über 800 1,5l-Flaschen Wasser verteilt. Es waren acht Malteser sowie ein Notarzt aus Neuss für unsere Gruppe zur Ersten Hilfe anwesend. Die Obergruppen- und Unterkunftsleiter waren jederzeit Ansprechbar und machten einen großartigen Job.
Was im Nachhinein bleibt sind viele schöne Begegnungen mit jungen Menschen, die es ohne den Weltjugendtag nicht gegeben hätte. Zum nächsten WJT nach Rio de Janeiro werden wir wohl nicht fahren. Wir hoffen, dass der übernächste WJT wieder in einem europäischen Land stattfindet und dass sich dann wieder viele Menschen aus unserer Gemeinde für eine Reise zum Papst entscheiden.
Unter www.wirfahrennachmadrid.de gibt es ein Tagebuch von all unseren Erlebissen in Spanien.
Christian Böhm